Das Russische Fernsehen antwortet auf atomare Drohungen aus dem Westen

Vor zwei Wochen hat ein Kommentar im russischen Fernsehen auch im Westen Schlagzeilen gemacht, weil Russland angeblich mit Atomwaffen droht. Es war genau anders herum, aber nun scheint der verbale Schlagabtausch in die nächste Runde zu gehen.

von Thomas Röper

16. Mai 2022 02:38 Uhr

Vor zwei Wochen hat der Moderator des wöchentlichen Nachrichtenrückblicks in einem Kommentar auf eine Drohung des britischen Premierministers Johnson geantwortet, der mit einem Atomschlag gegen Russland gedroht hat. Die deutschen Medien haben nur über die russische Antwort berichtet und sie als nukleare Drohung Russlands präsentiert. Ich habe den Beitrag vor zwei Wochen übersetzt, Sie können hier nachlesen, was darin gesagt wurde.

Nun dürfte der mediale Schlagabtausch in eine neue Runde gehen, denn das Thema war wieder Gegenstand eines Kommentars in der russischen Sendung. Dieses Mal ging es auch um die Folgen des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland und um die Konsequenzen, die dieser Schritt nach sich ziehen dürfte. Da zu vermuten ist, dass die westlichen Medien wieder von einer atomaren Drohung Russlands, dieses Mal gegen Finnland und Schweden, berichten werden, habe ich auch diesen Kommentar des russischen Fernsehens übersetzt, damit Sie selbst beurteilen können, was dort gesagt wurde.

Beginn der Übersetzung:

In Irland gab es eine heftige Reaktion auf unseren Kommentar in der vorletzten Sendung über die Drohung des britischen Premierministers Boris Johnson, „Russland anzugreifen, ohne die NATO zu konsultieren.“ Wir erinnern daran, dass das eine Drohung aus London gegen uns war. Boris Johnson äußerte dann die provokante und völlig unbegründete Hypothese, dass Russland angeblich taktische Atomwaffen in der Ukraine einsetzen könnte. Und dann, so meinte er, würde Großbritannien Vergeltung üben, indem es ohne Rücksprache mit der NATO „gegen Russland zuschlägt.“ Es ist klar, dass Boris Johnson, nachdem er einen russischen Atomangriff modelliert hat, auch mit einem Atomschlag gedroht hat.

Da mussten wir sagen, dass der gesamte britische Archipel eigentlich eine Insel ist, die man versenken kann, und Russland alle Möglichkeiten für einen solchen nuklearen Gegenschlag hat. In Irland kochte man buchstäblich. Als neutrales Land war es ihm natürlich unangenehm, ein „Kollateralschaden“ in der Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und Russland zu werden. Dennoch blieb der irische Premierminister standhaft: „Russland verfolgt eine bösartige Taktik der Panikmache, aber ich glaube nicht, dass sich jemand davon einschüchtern lässt. Ich denke, das spiegelt ein alarmiertes Denken wider, das nicht der Realität entspricht, und ich denke, dass man sich dafür entschuldigen sollte.“

Ich bin voll und ganz einverstanden, dass sich der britische Premierminister Boris Johnson für die unbegründete Drohung, „gegen Russland zuzuschlagen“, entschuldigen sollte. Nun, wir machen niemanden Angst. Die Erzählung über unsere Fähigkeiten ist eine Antikriegserzählung, die besagt, dass man damit nicht anfangen sollte. Das wird böse enden. Man sollte besser in Frieden leben.

Russland hat als Reaktion auf die unaufhaltsame Ausdehnung der NATO an unsere Grenzen ständig dasselbe gefordert. Als sie uns fast auf’s Dach steigen wollten, haben wir im Dezember höflich angeboten, den Grundsatz der gleichberechtigten Sicherheit zu bekräftigen und die Ukraine nicht in die NATO aufzunehmen. Die Antwort, die wir erhielten, war im Kern negativ und in der Form unverschämt. Das Kalkül war, auch eine neutrale Ukraine für den Krieg mit Russland zu rekrutieren. Die Ukraine war dazu sogar bereit, aber jetzt ist bereits klar, dass sie das nicht glücklich gemacht hat. Das Nordatlantische Bündnis hat aus dieser Erfahrung nichts gelernt.

Jetzt werden Schweden und Finnland in den Block hineingezogen. Eine weitere Osterweiterung, auf die Russland angemessen reagieren muss. Die zweihundertjährige Neutralität Schwedens und die Nachkriegsneutralität Finnlands waren bisher wichtige Bestandteile der europäischen Sicherheit. Jetzt bewerben sich Stockholm und Helsinki um die NATO-Mitgliedschaft. Das offizielle Motiv ist Angst. Tatsächlich wird es in der NATO sogar noch beängstigender werden. Sobald NATO-Stützpunkte in Schweden und Finnland auftauchen, wird Russland keine andere Wahl haben, als das daraus resultierende Ungleichgewicht – eine neue Bedrohung – durch die Stationierung taktischer Atomwaffen in der Region auszugleichen. Das bedeutet, dass der bisher nicht-nukleare Status der Ostsee der Vergangenheit angehört. Wenn jetzt jemand sagt, dass wir jemandem Angst machen, nein, wir sprechen nur von einer Antwort auf die NATO-Erweiterung in unsere Richtung.

Bislang ist die Grenze zwischen Russland und der NATO 1.233 Kilometer lang. Nach dem Beitritt Schwedens und Finnlands verdoppelt sich die Länge auf 2.572 Kilometer. Das war definitiv nicht unsere Entscheidung. Das russische Außenministerium hat bereits eine Erklärung zu diesem Thema herausgegeben, in der es heißt: „Russland wird gezwungen sein, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, sowohl militärtechnischer als auch anderer Art, um die sich daraus ergebenden Bedrohungen für seine nationale Sicherheit einzudämmen.“

„Schritte sowohl militärtechnischer als auch anderer Art.“ „Anderer Art“ könnte bedeuten, dass die Doktrin über den Einsatz von Kernwaffen überarbeitet wird, um sie für taktische Kernwaffen zu präzisieren. Denn bisher regelt die Doktrin nur den Einsatz der strategischen nuklearen Abschreckungsstreitkräfte. Jetzt geht es darum, die Schwelle zu senken. Wiederum nicht auf unsere Initiative hin. Die Nordländer selbst wollten in den Kontext des Hitzköpfe eingebunden werden. Wir wollen wieder niemandem Angst machen. Das war nicht unsere Entscheidung. Aber dann werden unsere legitimen militärischen Ziele auf schwedischem und finnischem Gebiet liegen. Bisher gab es dort keine Ziele.

Ende der Übersetzung